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Orgelkonzert

Himmelfahrt und Höllensturz

Bereits in jungen Jahren sieht sich Johann Sebastian Bach als Vollwaise theologisch mit dem Spannungsfeld "Himmel und Hölle" oder der Frage nach dem Jenseits konfrontiert. Mit der Passacaglia und Fuge c-Moll BWV 582 setzt er weit vor seiner Zeit als Leipziger Thomaskantor einen Meilenstein, da er die Form der Passacaglia aus der norddeutschen Tradition weiterentwickelt und gleichzeitig durch ihre außergewöhnliche Struktur und Dramaturgie den Anschein an ein Gebet erwecken lässt.

Als einer der zentralen Choräle der Matthäus-Passion fungiert "O Mensch, bewein dein Sünde groß", dem Bach auch in seiner Bearbeitung aus dem Orgelbüchlein durch die Bezeichnungen "Adagio assai" und "Quasi adagissimo" eine besondere, persönliche Ausdruckskraft verleiht.

Neben Choralbearbeitungen schrieb Bach in der Weimarer Zeit auch Transkriptionen einiger Concerti für Orgel und alternative Besetzungen (u.a. von Vivaldi), da der junge Prinz Johann Ernst von Sachsen-Weimar ihn mit Notenmaterial aus Italien belieferte. Von Vivaldis Konzert für vier Violinen h-Moll existiert eine Bachsche Transkription für vier Cembali, die Martin Schmeding für Orgel transkribierte.

Zu Bachs letzten Werken gehören die Kanonischen Veränderungen über "Vom Himmel hoch", die er 1747 für die Leipziger "Mizlersche Sozietät", einem Verein aus Musikern und Musikwissenschaftlern, komponierte. Neben der Druckfassung existiert auch eine Autographfassung, an dessen Ende er den Choral "Wenn wir in höchsten Nöten sein" mit dem Text "Vor deinen Thron tret' ich hiermit" setzte und diesen der Legende nach in seinen letzten Lebenstagen unter vollständiger Blindheit einem Freund diktiert haben soll.

An die Bachsche Tradition knüpft im 19. Jahrhundert Mendelssohn mit einigen Präludien und Fugen für Orgel und Klavier an, wobei das Präludium und Fuge c-Moll zu den ausdrucksstärksten zählt. Seine Fugen stehen durch ihre Polyphonie zudem in enger Verbindung zu seinen Oratorien "Elias" und "Paulus".

Als ein eher bildhafter Ansatz charakterisieren Tilo Medeks "Gebrochene Flügel" in Anlehnung an die Ikarus-Sage einen mechanischen Engel, der sich die Flügel bricht und vom Himmel in die Katastrophe stürzt. Das Klangbild der Orgel knüpft sehr an das des Barocks an, obgleich hier die Register häufig nur halb gezogen werden und so Wind und Ansprache Teil der Komposition werden.

Das in der Zeit der Matthäus-Passion entstandene Präludium und Fuge e-Moll BWV 548, das bereits der Biograph Philipp Spitta als "Bachs zweisätzige Sinfonie" bezeichnet, gilt als ein besonderer Höhepunkt von Bachs Orgelwerk. Geradezu als "Höllenstürze" wirken die Tonleitern im Präludium, das ähnlich wie das Präludium Es-Dur BWV 552 mit drei gleichberechtigten Hauptthemen arbeitet. Auch die Fuge bildet ein Spektrum von der strengen Polyphonie bis zur freien, fast schon sinfonischen Fantasie.

Das vorgenannte Spannungsfeld "Himmel und Hölle" wird der jüngste Gewinner des Bachwettbewerbs Leipzig, Julian Emanuel Becker, auf der Mönch-Orgel in Kirchheim musikalisch gestalten. Wahrlich, ein spannendes Unterfangen!

So. 03.08.2025, 18:00 Uhr

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Himmelfahrt und Höllensturz


Foto: Julian E.Becker Julian E.Becker | Orgel